

Hansjürgen Pohland, ein wichtiger Vertreter des Neuen Deutschen Films, wagte mit der Satire „Katz und Maus“, die jetzt erneut auf der Berlinale gezeigt wird, ein viel diskutiertes filmisches Experiment zu wichtigen politischen Fragen, das als eines der kontroversesten deutschen Werke der Nachkriegszeit gilt. Die Günter-Grass-Verfilmung von 1967 erzählt die Geschichte einer Gruppe vom Militär faszinierter Schüler in Danzig während des Zweiten Weltkriegs. Die Hauptfigur Mahlke wird von Lars und Peter Brandt gespielt, den Söhnen des damaligen Außenministers und Vizekanzlers Willy Brandt.
Der, wie ein in der Ausstellung gezeigter Brief an den Regisseur belegt, mit manchen Szenen, in denen auch sein noch minderjähriger Sohn mitspielt, gar nicht einverstanden war („überzeichnet und überlang“). Was sich vor allem auf eine Onanie-Szene und eine Tanzszene mit Lars, der das Ritterkreuz auf nacktem Oberkörper trägt (siehe Abbildung), bezog: Willy Brandt sagte richtig voraus, dass sie als kränkend empfunden werden könnten. Für den filmpolitischen Skandal aber sorgten Abgeordnete von CDU und FDP, die nachweislich den Film gar nicht gesehen hatten!
Im Nachlass des 2014 verstorbenen Berliner Filmemachers Hansjürgen Pohland offenbaren sich erstaunliche Entdeckungen. Im Mittelpunkt der Ausstellung im Kreuzberger Willy-Brandt-Haus, zu deren Eröffnung Volker Schlöndorff vor allem Anekdotisches beitrug, stehen 80 bislang unveröffentlichte Fotografien von Will McBride, Michael Marton und Jean-Gil Chodziesner-Bonne. Alle in den 1960er Jahren während der Produktion der Spielfilme „Katz und Maus“, „Tobby“ und „Das Brot der frühen Jahre“ entstanden, lagerten die Fotografien mehr als 50 Jahre in Kellern und Archiven.
Erstmals sind Produktionsunterlagen, Drehbuchfragmente, Korrespondenzen und Kritiken zu sehen, sowie eine kleine Auswahl an Filmplakaten und Interviews. Dazu wird eine Auswahl an Filmen präsentiert, so der Kurzfilm „Schatten“, der zum 50. Jubiläum des Oberhausener Manifests an einigen Goethe-Instituten oder auch im Museum of Modern Art in New York gezeigt wurde.
1934 in Berlin geboren, gründet Hansjürgen Pohland mit 21 Jahren seine erste Produktionsgesellschaft Pohland Film, später Modern Art Film. In den ersten sechs Jahren entstehen mehr als 30 Kurzfilme, darunter einige, die auf internationalen Festivals mit Preisen ausgezeichnet werden. Zusammen mit Alexander Kluge, Edgar Reitz, Wolf Wirth, Harro Senft und anderen, nutzt er 1962 die Öffentlichkeit des Oberhausener Kurzfilmfestivals, um ein Manifest unter dem Titel „Papas Kino ist tot“ zu verkünden. Sie fordern einen Bruch mit den bestehenden Produktionsverhältnissen und verlangen Bedingungen, die der herrschenden Lethargie ein Ende bereiten und den Neuen Deutschen Film ermöglichen sollen. 1963 gründet Pohland mit Ulrich Gregor, Friedrich Luft und anderen „Die Freunde der Deutsche Kinemathek“. Als 1965 die Filmförderung als Folge von Oberhausen ins Leben gerufen wird, gehört sein Film „Katz und Maus“ zu den ersten geförderten Projekten.
Die Ausstellung in der SPD-Parteizentrale wurde kuratiert von Mareike Palmeira in Zusammenarbeit mit Britta Pohland-Braun und Gisela Kayser, unterstützt von Cristina Piza, sowie Martin Koerber von der Stiftung Deutschen Kinemathek (Stresemannstraße 28 in Berlin-Kreuzberg, bis 11. März 2019, Di bis So 12 bis 18 Uhr, Eintritt frei, Personalausweis erforderlich).
Kurzer Ausblick
Am Dienstag, den 22. März 2019, werden um 19.30 Uhr die nächsten beiden Ausstellungen im Willy-Brandt-Haus durch die so charmante wie eloquente Freundeskreis-Geschäftsführerin Gisela Kayser eröffnet: „Robert Lebeck: Face the Camera“ mit Arbeiten eines der bedeutendsten deutschen Fotojournalisten der Nachkriegszeit sowie „Aufbrüche – Bilder aus Deutschland“ mit 110 Fotografien aus der privaten Sammlung Fricke u.a. von Sibylle Bergemann, Rene Burri, Barbara Klemm, Robert Lebeck – und aus unserer Region Rudolf Holtappel.