

Was für eine Aufregung! Da hat die damals 23-jährige Sibel Kekilli in einigen Pornofilmchen mitgewirkt. Und dann dieses: Ihr grandioses Kinodebut in Fatih Akins „Gegen die Wand“ wurde auf der Berlinale mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet, dem ersten für eine deutsche Produktion seit beinahe zwanzig Jahren!
Sibel, so heißt auch die Figur der weiblichen Protagonistin, begeht einen Selbstmordversuch, heiratet zum Schein einen Loser (den von Birol Ünel kongenial verkörperten Trinker Cahit), wird von ihrer konservativen türkischen Familie verstoßen, wird verprügelt und vergewaltigt, kann jedoch trotz aller Verzweiflung wieder aufstehen, zurückschlagen gar und mit einem gewinnend strahlenden Lächeln optimistisch in die selbstbestimmte Zukunft blicken.
Ein Märchenstoff? Ein Gefühlskino-Melodram? Nein, ganz und gar nicht. Sondern, zumindest was das Grundgerüst betrifft, die Lebensgeschichte der Sibel Kekilli, einer gelernten Verwaltungsfachangestellten aus Heilbronn, die bei einem Einkaufstrip in Köln von einer Streetcasterin angesprochen wurde. Sie stammt zwar aus einem liberalen türkischen Elternhaus, aber als ihr Vater aus der „Bild“-Zeitung von ihrer Porno-Vergangenheit erfuhr, schlug er die Tür für seine über Nacht zum Star avancierte Tochter zu.
„Gegen die Wand“, bis in die Nebenrollen grandios besetzt etwa mit Hermann Lause und Catrin Striebeck, hat zwar kein happy end, aber einen verhalten-optimistischen Schluss. Was seinerzeit der Schriftsteller Feridun Zaimoglu in einem Beitrag für den Berliner „Tagesspiegel“ als eine Wiederauferstehung der deutschen Romantik feierte. „Gegen die Wand“ ist als Schlusspunkt des 3. Paritätischen Filmfestes Herne am Sonntag, 27. September 2015, um 11 Uhr in der Filmwelt am Berliner Platz zu sehen.
Was kann ein Individuum ausrichten, wenn es einem herzlosen Staat gegenübersteht? Kolia (Alexey Serebryakov) lebt als einfacher Automechaniker im rauen, schönen Norden Russlands. Zusammen mit Frau und Sohn bewirtschaftet er das Fleckchen Land an der Küste der Barentssee, das bereits seit Generationen im Besitz seiner Familie ist. Die unberührte, atemberaubende Landschaft lockt bald den durchtriebenen Bürgermeister Vadim (Roman Madyanov) an, der mit allen Mitteln einer korrupten Bürokratie versucht, Kolia von seinem Land zu vertreiben. Eine belastende Akte, die Kolias Jugendfreund Dimitri zu Tage fördert, soll Vadims Enteignungsplänen ein Ende setzen. Doch Vadim hat genügend Geld und mächtige Verbündete in Moskau…
Der russische Ausnahmeregisseur Andrey Zvyagintsev schildert in „Leviathan“ bildgewaltig die Geschichte eines rechtschaffenen Mannes, der an der Barentssee als arktischer Hiob gegen seinen von der korrupten Verwaltung beschlossenen Untergang kämpft. Die meisterhafte Parabel über die Moral der russischen Gesellschaft wurde vielfach preisgekrönt u.a. in Cannes und London. Das unter die Haut gehende Opus um Korruption, Gier und Machtmissbrauch, mit dem Golden Globe als „Bester Fremdsprachiger Film“ ausgezeichnet, ist im Rahmen des VHS-Filmforums am Berliner Platz zu sehen: am Sonntag, 27. September 2015, um 11 Uhr, am Montag, 28. September, um 17.30 Uhr sowie am Mittwoch, 30. September 2015, um 20.15 Uhr.