
Mitsommernacht in einer Bar (modisch-kühle Ausstattung: Mara Henni Klimek) in Edinburgh: Bob (Henrik Schubert) wartet darauf, dass ihm sein Boss die Schlüssel eines gestohlenen Autos überreicht, welches er sogleich in Bares verwandeln und die Scheine noch vor Kassenschluss aufs Bankkonto des Auftraggebers einzahlen soll.
Er bekommt zunächst gar nicht mit, dass sich ihm eine durchaus attraktive Frau seines Mittdreißiger-Jahrgangs nähert, die ihre Flasche Wein nicht allein leeren möchte: Helena (Kinga Prytula), Rechtsanwältin mit Spezialgebiet Ehescheidungen, ist kurzfristig von ihrem Date versetzt worden.
Ich spiele für niemanden die Kuh: Die toughe Karrierefrau ist zwar sonst nicht so gefühlig und zählt sich schon gar nicht zu den Rindviechern weiblichen Geschlechts, welche sie vor den Schranken der Justiz vertritt, aber aus diesem bisher so frustrierend verlaufenen Abend soll mit Alkohol und schnellem, folgenlosem Sex noch etwas werden…
Während Helena anderntags hastig ihr Brautjungfern-Outfit zusammenklaubt für die Hochzeit ihrer Schwester, versucht Bob seiner hartnäckigen Morgenlatte beizubringen, auf Wasserlassen umzuschalten. Er wird das pinke Cabrio für 15.000 Pfund in bar tatsächlich los, nicht aber das dicke Bündel Scheine: Zum Wochenende schließen die Banken früher. Was nun? Erst ‚mal in die Kathedrale flüchten, in Ruhe nachdenken.
Doch dort läuft ihm Helena über den Weg, nicht weniger von Pleiten, Pech und Pannen verfolgt. Da haben sich zwei gefunden und erfüllen sich dank des ergaunerten Geldes ihre langgehegten Wünsche vom Straßenmusik-Auftritt über Hummer im Nobelrestaurant und Fesselungs-Akrobatik in einer japanischen Bondage-Show bis hin zur heißen Nacht in der coolsten Suite eines Luxushotels…
Mit dem Well-Made-Play Eine Sommernacht aus der Feder der schottischen Dramatikers David Greig hat Carla Niewöhner jetzt an der Bochumer Kö ihr fulminantes Regiedebüt gegeben: gut eine Stunde lang werfen sich Kinga Prytulas forsche Helena und Henrik Schuberts immer wieder auch über sich selbst erstaunter Bob, die beiden so chaotischen wie sympathischen Loser, im intimen Theater Unten gegenseitig die Bälle zu. Und das in einem atemberaubenden Tempo: die beiden Protagonisten sind Erzähler und Darsteller zugleich, wechseln in Sekundenbruchteilen nicht nur die Perspektive, sondern auch von der ersten in die dritte Person und rücken wie die Figuren beim Schnellschach auf der 48 Stunden umfassenden Zeitachse vor und zurück.