„Klare Räume machen den Kopf frei, nicht die Hüpfburg im Hinterhof“: Philipp (weiß genau, was er will – und wen: Felix Rech), der für die visionäre Optik seines Gebäudes schon vor der Realisierung Architektenpreise reklamiert, kümmert sich nur ungern um die Details. Wie den Erwerb des Grundstücks oder die Umsetzung individueller Wünsche seiner Kunden. Die allerdings selbst erst noch klären müssen, ob sie eine Bau-Gesellschaft gründen wollen oder eine Wohngemeinschaft mit Bullerbü-Feeling.
Ein wohlsituiertes, kinderloses Paar gab überhaupt den Anstoß: Ludger (Bernd Rademacher als habilitierter Pantoffelheld) ist als Dozent für neolithische Geschichte des Nahen Ostens mit den ersten festen Häusern der bis dahin nomadischen Menschheit bestens vertraut, während seine Gattin Vera (Anke Zillich) nicht nur das Geld hat, um sich als generöse Charity-Lady darzustellen, sondern auch die Hosen an hat – und das nicht nur im stillen Kämmerlein.
Christian (Marco Massafra), gestresster Klinik-Assistenzarzt im Schichtbetrieb, zieht mit Gattin Mila (Kristina-Maria Peters) und Baby in eine weitaus bescheidenere Wohnung. Als plötzlich das zweite Kind unterwegs ist, platzt nicht nur die auf Kante genähte Finanzierung, sondern auch der Traum der Juristin, bald wieder ins Referendariat zurückzukehren.
„Gemeinsam verblöden ist viel unterhaltsamer“: Der freiberufliche Cellist Mick und der Musikschul-Leiter Frank (Roland Riebeling) haben zehn Jahre gespart, um sich ihren Traum verwirklichen zu können.
Das ging beim Finanzbeamten Holger (Michael Schütz) und seiner Gattin Birgit (Katharina Linder), die eine Jugendhilfeeinrichtung leitet, leichter. Allerdings fremdelt Birgit mit dem Architekten, seit dieser ihrer Tochter Judith (Zenzi Huber) allzu nahe gekommen ist, und seiner transparenten Architektur: Sie hat es nach Feierabend gerne gemütlich.
„Ich will es schön haben und ich glaube, das geht mit euch“: Charlotte (Henriette Thimig), resolute „Brotkorb“-Kneipenwirtin im Ruhestand, komplettiert die Gesellschaft, deren Solidarität bald auf zwei harte Proben gestellt wird…
Hausherr Anselm Weber gibt sich alle Mühe, Lutz Hübners realsatirisches Konversationsstück wie ein Gesellschaftsdrama Yasmina Rezas aussehen zu lassen. Die tollen Schauspieler dazu gibt sein Ensemble her, nicht aber die Textvorlage. Hübners bei allem Unterhaltungswert seiner geschliffenen, pointierten dabei ganz der Wirklichkeit entnommenen Dialoge sehr klischeehaftes Stück verharrt zu sehr an der Oberfläche. Weil dem Vielschreiber des Jahrgang 1964 das breite Spektrum der Bauherren noch nicht reicht und er jeder Figur noch ein Extra-Päckchen aufbürdet.
Am Ende wird „Richtfest“ auch noch grundsätzlich: Es geht es um nichts weniger als das Haus Europa, in dem derzeit mächtig Durchzug herrscht – von der ganzen Theatermaschinerie eindrucksvoll bebildert. Dabei könnte man sehr gut von Yasmina Reza lernen, wie packendes Theater geht: in der Beschränkung liegt die Kraft.