Die Polizei hat seit einiger Zeit eine neue Einnahmequelle auf Autobahnbaustellen entdeckt. Sie verhängte Bußgeldbescheide gegen Fahrer von Geländewagen und anderen großen Fahrzeugen.
Die betroffenen Pkw sind laut Kfz-Papieren weniger als zwei Meter breit, mit Außenspiegel allerdings breiter. Auf der Autobahn A40 ist die maximal zulässige Fahrzeugbreite in Baustellen auf der linken Spur weitestgehend auf 2 Meter begrenzt. Viele Geländewagenfahrer erhielten deshalb Bußgeldbescheide, wenn sie dort unterwegs waren. Heinrich Beestermöller, Rechtsanwalt in Herne, wollte das nicht hinnehmen. Das Amtsgericht Bochum gab ihm jetzt recht und hat ein Verfahren auf Kosten der Staatskasse eingestellt. (AG Bochum, AZ 91Owi-122Js164/12-604/12).
Mit Bescheid vom 15.05.2012 verlangte das Polizeipräsidium Dortmund von Heinrich Beestermöller 20 Euro Bußgeld mit der Begründung, er habe auf der BAB 40 in Bochum gegen das Verkehrszeichen VZ 264 verstoßen, das die linke Baustellenspur nur mit einem Fahrzeug zulässt, dessen maximale Breite zwei Meter sei. Sein Pkw, ein Mercedes ML 320, ist lt. Ziff. 19 im KFZ-Schein 1,96 m breit. Die Polizei vertrat die Auffassung, man müsse immer die Spiegelbreite hinzuaddieren und dann sei das Auto deutlich breiter als zwei Meter und daraus resultiere die Ordnungswidrigkeit gem. den Paragrafen 41 Abs, 2 StVO und 32 StVZO. Im Übrigen könne man die Breite inkl. Spiegel der Betriebsanleitung von Daimler Benz entnehmen. Ferner habe man die tatsächliche Breite nachmessen müssen. Das seien „objektiv belastbare Fakten“, die auch – wie bei vielen anderen Gerichtsentscheidungen – „gerichtsfest“ seien. Werde nicht gezahlt, würde der Vorgang an die Staatsanwaltschaft Bochum weitergereicht.
Rechtsanwalt Beestermöller wies in seinem Einspruch darauf hin, dass streitenscheidend sei, ob ihm eine Fahrlässigkeit im sinne von Paragraf 10, 11 OWiG zur Last gelegt werden könne oder nicht. Fahrlässig handelt, wer einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört. Aus den amtlichen KFZ-Papieren ergebe sich nicht, so Beestermöller, dass man zur angegebenen Breite des Autos in Ziff. 19 noch die im Übrigen unbekannte Breite der Spiegel hinzurechnen müsse. Es sei ihm auch nicht zumutbar, vor Benutzung der Autobahn den PKW genau vermessen zu lassen. Die Betriebsanleitung sei ihm nicht bekannt gegeben worden, denn er habe das Auto gebraucht gekauft. Schließlich habe er auch nicht an den Angaben in den Papieren zweifeln müssen, denn sie waren ohne jeden Hinweis von den Straßenverkehrsbehörden abgestempelt.
Ferner wies er auf zwei zugelassene Fahrzeuge hin, bei denen die Spiegel gar nicht die äußere Begrenzung des Fahrzeugs ausmachten, so dass die Formel der Polizei nicht allgemeingültig sei. Vielmehr müsse man der Zulassungsbehörde vorwerfen, nicht die wirkliche Breite angegeben zu haben. Zumindest sei es, wie im Übrigen bei vielen anderen Fahrzeugbesitzern auch zweifelhaft, ob nun die in den Maßen unbekannten Spiegelbreiten stets hinzugerechnet werden müssen. Bei einem Zweifel greife der Grundsatz „in dubio pro reo“ allerdings für den betroffenen Fahrzeugführer, so dass auch nach diesem rechtlichen Gesichtspunkt eine Fahrlässigkeitstat nicht vorliege.
Das Gericht schloss sich den Ausführungen an und vertrat streitentscheidend die Auffassung, niemand käme auf den Gedanken, man dürfe mit seinem zugelassenen PKW nicht die linke Spur auf einer Autobahn befahren