Ernst ist das Leben – und heiter die Kunst. Das gilt insbesondere für Joseph Kesselrings heiter-makabren, sprachwitzigen Klassiker um eine Hochzeit und dreizehn Todesfälle, „Arsen und Spitzenhäubchen“, die Gil Mehmert Mitte November 2002 im Schauspielhaus Bochum vor allem der „Revier-Duse“ Tana Schanzara turbulent auf den Leib inszeniert hat.
Doch nicht nur auf der Bühne, sondern auch hinter den Kulissen kann es verrückt zugehen: Ein böser Sturz der Hernerin mit langwieriger Genesungsphase nach einer erneuten Hüftoperation zwang zum dispositorischen Theatercoup. Martin Rentzsch, der eigentlich den verrückten Teddy Brewster spielt, übernahm – mit Bravour – kurzfristig Tanas Rolle, und Thomas Limpinsel die seinige.
Erst ein Vierteljahr nach der ersten Premiere folgte die zweite – mit Tana Schanzara, die vom natürlich ausverkauften Haus mit stehenden Ovationen gefeiert wurde. Sie meistert ihre Auftritte auf den verschiedenen Bühnen-Etagen übrigens inzwischen ohne die Hilfe des für die Probenphase installierten Treppenliftes.
Der Irrsinn läuft Amok im viktorianisch-düsteren Ambiente des Hauses der beiden scheinbar biederen Schwestern Martha (gezierte Vornehmheit: Margit Carstensen) und Abby Brewster (bodenständiger Charme: Tana Schanzara). Schweren Herzens hat sich der alte Hagestolz Mortimer (reines Nervenbündel: Matthias Leja) dazu durchgerungen, die Pfarrerstochter Ellen (Lena Schwarz) zu ehelichen, als er unerwartete Einsichten in das Leben seiner beiden tüdeligen Tanten gewinnt: Die Zimmerherren, die die beiden Ladies gleich reihenweise empfangen, verschwinden nach ein, zwei Gläschen Holunderwein auf mysteriöse Weise. Doch damit nicht genug: Zu allem Unglück taucht auch noch sein verhaßter Bruder Jonathan (Glanzrolle für Marcus „Frankenstein“ Kiepe) auf , um alte Rechnungen zu begleichen…
Glanzlichter setzt der Inszenierung, die drei Stunden lang wirklich keinen Unsinn ausläßt, zudem der grandiose Andre Meyer in der Rolle des naiven Polizisten und Hobbyliteraten O’Hara auf.