Alma Mahler-Gropius-Werfel, geborene Schindler, ist wahrscheinlich die bekannteste Muse des 20. Jahrhunderts. Nach deren geradezu hymnischen Bekenntnissen gab sie nicht nur ihren drei Ehemännern die nötige Energie für ihr künstlerisches Schaffen: dem Komponisten Gustav Mahler, dem Architekten und späteren Bauhaus-Direktor Walter Gropius und dem Schriftsteller Frank Werfel.
Bekannt ist auch das heftige Verhältnis zum Maler Oskar Kokoschka, der sich, nachdem Alma ihn verlassen hatte, mit einer naturgetreuen Puppe zu trösten suchte. Paulus Manker nähert sich in seinem Dokumentarfilm Alma Die Witwe der vier Künste, den der TV-Kulturkanal 3-Sat bei der Erstausstrahlung Anfang Juni 2.000 als nicht geeignet für Zuschauer unter 18 Jahren einstufte, dieser schillernden, lebenshungrigen und widersprüchlichen Persönlichkeit über Interviews mit Familienangehörigen und Zeitgenossen.
Manker, der 1998 im Rahmen der Wiener Festwochen Alma A Show biz ans Ende nach einem Theaterstück von Joshua Sobol im Sanatorium Purkersdorf vor den Toren Wiens inszenierte und auch Dank einer Starbesetzung u.a. mit Susi Nicoletti und Helmut Berger stets ausverkaufte Vorstellungen verbuchte, versteht seinen Film auch als Einführung zu diesem, so der Untertitel des Bühnen-Events, Fest zu Almas 120. Geburtstag, zu dem sich alle ihre Männer bei Alma einfinden mit Peter Kern als Franz Werfel, Helmut Berger als Gustav Mahler, Sebastian von Blomberg als Walter Gropius und Paulus Manker selbst als Oskar Kokoschka.
Sie hat die Promis Wiens ihrer Zeit durchgevögelt bringt Paulus Manker im Vorgespräch mit einer ORF-Kulturredakteurin den Sachverhalt auf den Punkt. Aber Sex war nicht alles, was an den Werken, zu denen sie ihre Lover inspirierte, abzulesen ist. Symphonien, Gedichte und Gemälde sind mit ihr und durch sie entstanden, Mitte der Neunziger Jahre vereint in einer Ausstellung im Kunstforum der Bank Austria in Wien, wo auch Almas Autobiographie Mein Leben vorgestellt wurde, mit der sich die Egomanin und Kunstnutte selbst ein Denkmal gesetzt hat.
Dabei war die 1879 geborene Tochter des Landschaftsmalers Jakob Emil Schindler und der Sängerin Anna von Bergen selbst eine hochbegabte Künstlerin, die zusammen mit dem bekannten Komponisten Alexander von Zemlinsky, ihrem ersten Geliebten, bei Arnold Schönberg studierte. Doch ihr erster Mann, der um zwanzig Jahre ältere Gustav Mahler, unterdrückte ihre Begabung konsequent wohl aus Eifersucht.
Vier Jahre lang hat sich Paulus Manker mit Alma beschäftigt für den Dok-Film und die Theaterinszenierung. Dabei ist er selbst, wie er sagt eher zufällig, in die Rolle des Malers Oskar Kokoschka geschlüpft: Verzweifelte Leidenschaft für die Frau und das ungeborene Kind, das Alma ausgerechnet im Sanatorium Purkersdorf abtreiben ließ.
Laut Aussage von Almas Enkelin spielt Susi Nicoletti die Alma verblüffend authentisch bis hin zu kleinsten Details. Nichts schmeckt besser als das Sperma eines Genies soll Alma einmal zu Protokoll gegeben haben. Sie starb am 11. Dezember 1964 im Alter von 85 Jahren in New York und wurde, neben ihrer Tochter Manon, auf dem Grinzinger Friedhof in Wien beigesetzt.
Paulus Manker (Buch und Regie)
Alma Die Witwe der vier Künste
Nanook-Film Wien, Peter Röhsler Prod. c/o ORF Österreich 1999