Sophie von Kessel spielt Lillian Feuerbach, eine junge, attraktive Frau, die endlich einmal aus dem Schatten ihres Vaters (Ezard Haußmann) heraustreten und selbständig werden will. Eine gute Gelegenheit dazu bietet sich, als sie einen allerdings ziemlich heruntergekommenen Gasthof in Amerika erbt.
Um dorthin zu gelangen, ist freilich keine Reise über den Großen Teich notwendig, denn bei Amerika handelt es sich um eine verschlafene 80-Seelen-Gemeinde in den neuen Bundesländern. Lillian muß nur in Chemnitz den Bummelzug nach Glauchau nehmen…
Ihr Traum von einer gastronomischen Perle im Herzen Sachsens zwischen den Metropolen Leipzig und Dresden erhält einen kräftigen Dämpfer, nachdem die Banken nicht mitziehen wollen: Längst hat ein Immobilienhai sein Auge auf das Grundstück geworfen, das er in den geplanten Einkaufs- und Gewerbepark integrieren möchte.
Doch so schnell gibt Lillian nicht auf. Zudem kann sie sich der Mithilfe dreier versierter Kräfte versichern: Des etwas tüteligen Onkels Otto (Paraderolle für Hagen Mueller-Stahl) und der tüchtigen Karla (die tolle Gudrun Okras), welche allerdings ohne eine lenkende, motivierende Hand nicht auskommt.
Und dann ist da noch so eine Art Hausfaktotum, der Asiate Thien (Weijian Liu), wobei nicht geklärt ist, ob es sich bei dem ohne Aufenthaltsgenehmigung auf dem Dorf untergekommenen um einen einstigen vietnamesischen Fremdarbeiter handelt oder um einen Rotchinesen, der in der Wende-Zeit den Absprung nicht geschafft hat.
Große Hoffnungen setzt Lillian in den schönen Rudi (Stephan Ullrich), versteht der doch etwas von der Gastronomie. Ja, vor dem Tod der Groß- und Erbtante Lillians, wollte Rudi sogar die heruntergekommene Wirtschaft selbst übernehmen. Seit daraus nichts geworden ist, sitzt er nicht nur im Schmollwinkel, sondern arbeitet Kleiber (Film-Bösewicht Michael Kind) zu, dem Handlanger des keineswegs zimperlichen Baulöwen vor Ort.
Trotz all der Schwierigkeiten rückt der Tag der feierlichen Eröffnung immer näher. Und Thien erweist sich als ausgesprochener Gourmet-Koch, was sich rasch in der ganzen Region herumgesprochen hat. Doch Kleiber hintertreibt die Eröffnung, indem er kurzerhand die Zufahrtsstraßen sperrt und auch sonst allerhand Minen legt.
Thien wird gar verhaftet, aber von Lillians selbst den Dorfsheriff rührenden Story wieder herausgehauen. Der Gastraum füllt sich dank der Brummi-Propaganda via Sprechfunk, das Geschäft läuft. Da platzt im wahren Wortsinn Opa Ottos Bombe und Lillian kehrt nach Berlin, in ein florierendes Nobelrestaurant, zurück. Nun fühlen sich die Amerikaner herausgefordert und rücken Lillian an der Spree auf die Pelle…
Ronald Eichhorns Debütstreifen fasziniert durch seine leisen Töne. Alle Klischees, die scheinbar auf der Dorfstraße liegen, werden so behutsam wie zielstrebig umfahren. Amerika ist eine ganz besondere Ost-West-Geschichte, weil sie ganz ohne die übliche Larmoyanz auskommt. Amerika ist zugleich eine poetische Liebesgeschichte, die ein mögliches happy end nur hauchzart andeutet und nicht, wie im Genre der TV-Sommerkomödien (ZDF-Charakterisierung) sonst üblich, auf dem Silbertablett präsentiert.
Joseph Orr (Buch), Ronald Eichhorn (Regie)
Amerika
Neue Deutsche Filmgesellschaft c/o ZDF Deutschland 1996