Aus tausend Meter Tiefe taucht Katlewski auf, und keiner weiß, woher er kommt. Er hat kein Gepäck dabei, das kann er auch nicht brauchen. Katlewski kommt um abzurechnen. Erst hat er schlapp gemacht, jetzt will er pampig werden.
Die Abfahrer sind heimgekehrt. Für seine locker und zwanglos erzählte Geschichte über ein paar arbeitslose Jugendliche im Revier wurde Adolf Winkelmann mit dem Bundesfilmpreis belohnt. Nun also Teil zwei der Ruhrgebiets-Trilogie, und der feierte gleich beim renommierten Filmfestival in Cannes Uraufführungs-Premiere. Die wüste Komödie einer Abrechnung mit der (Wegwerf-) Gesellschaft beginnt unter der Erde, da, wo der Kohlenpott hohl ist und schwarz (jedenfalls noch zu Beginn der Achtziger Jahre).
Aus eintausend Meter taucht Katlewski (Delle Quandt) auf wie ein Maulwurf. Der 25 Jahre junge Bergmann ist auf der Flucht vor seinem bisherigen drögen Alltagsleben durch die Zechenschächte von Recklinghausen nach Dortmund gewandert. Und findet ein Hochhaus vor in Dortmund-Dorstfeld. Mit dem Mädchen Ulli (Uli Heucke), das dort im zwölften Stock zur Untermiete wohnt. Sie hat den Koffer schon gepackt für den Fall, daß sie mal keine Lust mehr hat auf die Aussicht vom Hannibal genannten Wohnturm auf die grüne Wiese ringsum.
Nun hat sie rasch kapiert, daß sie mit Katlewski ein Stück abhauen kann fürs erste. Und so kommt es dann auch: Die schnoddrige Ulli läßt ihn unter ihre Dusche und leiht ihm ihr Bett und er begibt sich auf die Suche nach einem neuen Job über Tage. LKW-Fahrer ist darunter, Pförtner und Aushilfskellner. Katlewski besorgt sich überdies eine Säge. Genau genommen eine Sachs-Dolmar-Motorkettensäge mit einer Schwertlänge von 45 Zentimetern. Denn Katlewskis Rechnung ist lang…
Er braucht jede Menge Kohle, und die liegt nicht auf der Straße, schon gar nicht auf den Straßen des Kohlenpotts. Aber Katlewski ist erfinderisch. Er holt sich die Kohle auf seine anarchische Art vorzugsweise bei den Strebern, Aufsteigern und selbstgewissen Chefs des neuen Reviers. Um endlich den ganzen spießbürgerlichen Müll hinter sich lassen zu können.
So kommt der Tag, an dem die Säge sägt. In seiner alten Wohnung beispielsweise. Katlewski macht seinen Schnitt. Sogar die Bank kriegt ihren Kredit zurück, er will ihn nicht mehr haben. Katlewski, der dreckig aufgetaucht ist, taucht sauber wieder ab. Oben aber liegt der Müll in den Aufzügen, und an den Autos frißt der Rost herum…
Jede Menge Kohle hat sich rasch zum Kultfilm entwickelt, obwohl für diese Low-Budget-Produktion nur 1,4 Millionen D-Mark zur Verfügung standen, zahlreiche Rollen mit Laiendarstellern und die Hauptrollen mit zwei sympathischen, aber völlig unbekannten Darstellern besetzt worden waren: Detlev Delle Quandt, LKW- und Taxifahrer mit Film-Erfahrung bei Abfahrer, und Uli Heucke, seinerzeit Mitglied der Bochumer Frauenband The Honeybees. Dafür gaben Leinwand- und Theater-Stars den Nebenrollen ein einzigartiges Profil: Hermann Lause als Steiger Grüten, Tana Schanzara als dessen Frau Ilse und Martin Lüttge als Fahrer Lewandowsky.
Wir waren es leid, Filme zu machen, die eigentlich viel mehr ins Fernsehen passen als im Kino sagt Winkelmann. So hat Jede Menge Kohle auch technisch Filmgeschichte geschrieben: Der erste Film, der in Dolby-Stereo-Originalton gedreht wurde und nach Rudolf Thomes Detektive der zweite neue deutsche Film in Cinemascope-Format. Dazu wurde für den zwölftägigen Dreh unter Tage auf der Zeche Gneisenau in Dortmund eine Federwerkkamera aus den Dreißiger Jahren eingesetzt, da dort in 840 Meter Tiefe auf der neunten Sohne – aufgrund der Explosionsgefahr kein elektrisches Gerät benutzt werden darf.