Der 1967 im oberösterreichischen Vöcklabruck geborene Schriftsteller und Dramatiker Franzobel ist hierzulande u.a. durch „Mayerling“ (Gastspiel des Volkstheaters Wien bei den Mülheimer Theatertagen „Stücke“), „Narrenturm“ und „Nathans Dackel“ (Prinz-Regent-Thater Bochum) bestens eingeführt. Mit „Black Jack“ stellte das Wiener „dietheater“ im Februar 2004 ein für ihn ungewöhnlich konventionelles, ja beinahe dokumentarisches Monodram vor im Rahmen des „Impulse“-Festivals im Bochumer Prinz-Regent-Theater.
Im Mittelpunkt der Auftragsarbeit für das Forum Stadtpark Theater im steiermärkischen Graz steht die Biographie des Österreichers Jack Unterweger (1950-1994): Ein Schriftsteller, der nicht schreiben konnte, ein Frauenmörder, den die Frauen liebten, vor allem aber ein Medienstar, der zehn Jahre lang nicht nur die Schlagzeilen der Alpenrepublik beherrschte und der sich 1994 in seiner Gefängniszelle erhängte.
Zwar ist der Monolog „Black Jack“ an Unterwegers Biographie „entlanggeschrieben“, Franzobel hat jedoch Dichtung und Wahrheit zu einer Kunstfigur vermischt. Sie kommt dem Menschen „mit einer ungeheuren Unterkellerung“, so der Autor, zwar sehr nahe, dichtet ihm aber etwa eine Begegnung mit der österreichischen Schriftstellerin Ingeborg Bachmann an, die weder im Klagenfurter Bahnhofsrestaurant noch sonst wo stattgefunden hat.
Ausstatter Carlos Schiffmann hat für Ernst M. Binders karge Inszenierung eine entsprechend schlichte Bühne gebaut: Im Zentrum steht eine Heurigenbank, auf der der Akkordeonist Lothar Lässer und der Schauspieler Rudi Widerhofer sitzen, dahinter ist eine Wäscheleine gespannt.
In 14 Szenen, die Binder, ein Spezialist für österreichische Gegenwartsdramatik, als weitgehend nur gesprochene „Songs“ interpretiert, zeigt Widerhofer als „Black Jack“ stets mindestens zwei Gesichter. Zum einen den jungen Jack Unterweger als „Hurenbankert“, „Fürsorgefratz“, „Frauenliebling“ und Kleinkriminellen, zum anderen den bereits inhaftierten elffachen Frauen-Massenmörder als naiv-schlauen, mal von Selbstmitleid gepeinigten, mal aggressiv-brutalen „Häfen-Poeten“ (Häfen = Gefängnis), der mittels Fernkurs die „Technik des Erzählens“ lernt und geschickt auf der Klaviatur der Mediengesellschaft spielt.
Pitt Herrmann
Franzobel
Black Jack
dramagraz/Festwochen Gmunden/dietheater Künstlerhaus Wien
Festival „Impulse“ im Prinz-Regent-Theater Bochum